PILGERBERICHT

Wir haben es 07.00 Uhr und heute ist Christi Himmelfahrt. Gestern bin ich von meiner ersten Pilgertour nach Trier wieder nach Hause gekommen. Nun sitze ich hier und überlege, wie ich meinen Pilgerbericht schreiben soll. Wann sollte mein Bericht starten? Wie persönlich sollte er werden? Jeder der mich kennt, weiß, dass ich eine Katastrophe bin, was Namen angeht, egal ob Personen oder Orte. Also schon jetzt einmal Entschuldigung für eventuelle Verwechslungen. Entscheidung gefallen, ich werde versuchen ganz ehrlich das zu schreiben, was ich empfunden habe.

Ich beginne mit meinen Erinnerungen Samstagmorgen um 03.00 Uhr. Da saß ich nun und trank statt 3 Bechern Kaffee, wie sonst, nur eine halbe Tasse, davon wurde ich nicht wirklich wach, aber alles andere erschien mir zu gefährlich. Ich hatte, wie wir Norddeutschen sagen, richtig „Schiss in de Bux“ und fragte mich, worauf ich mich eingelassen hatte. Hätte ich doch damals erst meinen Kopf anstatt meine Zunge benutzt. Mit damals meine ich die Wallfahrt nach Klein Jerusalem, die ich mit meinen Kommunionkindern begleitete habe. Bei unserer Mittagspause kam plötzlich Lydia auf mich zu und fragte mich, ob ich nicht Lust hätte, mit Vorst und Holzbüttgen die Trier Wallfahrt mit zu gehen, da sie gehört habe, dass ich das schon immer machen wollte.

Und was sagte ich?: „Ja sehr gerne, warum nicht.“ Damit begann die Organisation. Wenn man keine Familie vor Ort hat, aber Kinder, muss man auf seine Freunde zurückgreifen. Hier noch einmal ein herzliches Dankeschön an meinen Mann, auch an meinen Chef, der sofort bereit war, mir die Tage frei zu geben und ganz besonders an meine Mutter, die mir sofort gut zugesprochen hat und mir sagte, dass ich auf jeden Fall mitgehen solle.

Samstag: 20.05.2017

Ok, wo war ich stehen geblieben? Ach ja, 03.00 Uhr morgens. Angst. Zwischen 45 und 50 Kilometer an einem Tag gehen, ich kenne niemanden und werde viel zu viel Zeit für meine Gedanken und Gefühle haben. Oha.

Keine 2 Stunden später sitze ich in der Kirche in Vorst, wo die Messe für uns Pilger stattfindet. Mein Blick schweift herum. Nur ganz wenigen Menschen habe ich schon einmal auf den beiden Vorpilgertouren gesehen, die ich mitmachen konnte. Namen, Fehlanzeige. An dieser Stelle meine Empfehlung an alle Neupilger: Geht die Vortouren mit, dann merkt ihr auch relativ schnell, ob die Schuhe, die ihr zum Pilgern anziehen wollt, wirklich geeignet sind. Meine waren es nicht. Nun weiß ich allerdings wie Zehen aussehen, auf denen sich eine Doppelblase gebildet hat.

Pastor Ottersbach gibt uns den Segen und wir erfahren, dass das diesjährige Motto „Einmütig im Gebet“ lautet. Bevor ich weiter nachdenken kann, fällt schon der Startschuss und alle laufen los. Erste von vielen Lektionen: Habe immer den Zeitablauf der Startzeiten im Kopf, sonst musst du hinterher laufen.

Es ist kalt, aber die Luft ist klar und man sieht bereits in der Ferne die Sonne aufgehen und die Rauchsäulen der Kraftwerke. Irgendwo dort hinten wird unsere Frühstückspause stattfinden, soviel weiß ich bereits.

Am Anfang gehe ich alleine, es scheinen sich alle zu kennen, aber bevor das Gefühl der Einsamkeit aufkommen kann, fängt man mit dem Einen oder dem Anderen ein Gespräch an. Es wird in 2er Reihen marschiert, gesungen und gebetet.

Plötzlich ein Aufschrei von hinten. Kerstin ist gefallen. Gott sei Dank ist nichts Schlimmeres dabei passiert. Ankunft in Gustorf zum Frühstück, gesponsert von den Jubilaren. Schnell ein Brötchen und danach zur Toilette, wer weiß, wann man das nächste Mal die Gelegenheit dazu bekommt.

Mein Blick schweift in den Raum der, für die Fußpflege eröffnet wurde. Hier meine Abbitte an alle, die sich dort haben behandeln lassen. Vergesst alle Blasenpflaster oder Fußballenschoner, die Ihr im Vorfeld kaufen wollt, die Einzige die wirklich helfen kann, ist unsere Uschi, bei der ich in den kommenden Tagen Stammkunde sein werde. Ohne Dich hätte ich es nicht geschafft. DANKE. Ich gehe nach draußen und nehme das erste Pilgerwasser meines Lebens zu mir. Hier lerne ich wieder drei Namen. Franz und Wied, die uns zusammen die gesamte Strecke mit lebenswichtigem Wasser und den unterschiedlichsten Köstlichkeiten, an den außergewöhnlichsten Plätzen versorgen werden und immer zur Stelle sind, wenn einer nicht mehr weiter kann und eine Teilstrecke fahren muss. Ihr seid klasse. Mein erstes Pilgerwasser trinke ich dann mit Matthias.

Danach stellen wir uns vor dem Pfarrheim im Kreis auf, um den Menschen zu danken, die für uns das Frühstück vorbereitet haben. Es wird aus dem Lieder und Gebetsbuch gesungen, welches uns zusammen mit dem Pilgerheft übergeben wurde. Nummer 52 ist angesagt, ausgerechnet der irische Segenswunsch. Keine 10 Worte und bei mir fließen die Tränen und nun erfahre ich das erste Mal, was pilgern in dieser wunderbaren Gruppe bedeutet. Hände die einen streicheln und Arme, die einem Halt geben, ohne einen zu bedrängen. Man ist nicht alleine.

Es geht weiter über endlose Felder und dann immer an der Erft entlang. Schon das eine oder andere Mal habe ich gedacht: „Lasst mich hier stehen und ich finde nie mehr nach Hause.“ Gefährlich sind immer die Momente, an denen du schnell die Gruppe verlassen musst, um kurz die grüne Örtlichkeit aufzusuchen. Danach heißt es nämlich sprinten. Aber es ist keiner der Neupilger der verloren geht, sondern Kerstin und Franz die einen kleinen Bachlauf mit der Erft verwechseln haben. Aber im Zeitalter des Handys, sind wir bald wieder vereint.

Mittagessen in Bedburg, das erste Mal in den Altstadtstube. Essen sehr lecker und das Schönste, die ganze Gruppe an einer langen Tafel, wir gehören zusammen. Bald danach geht es wieder weiter.

Leider habe ich nicht, wie ich mir eigentlich im Vorfeld fest vorgenommen habe, jeden Tag kleine Notizen gemacht. Gerne würde ich die vielen schönen Impulse, Gebete und Texte, die so liebevoll vorbereitet wurden, in die richtige Reihenfolge bringen und den einzelnen Vorbetern und Vortragenden zuordnen, aber stattdessen an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank an Euch alle. Fast immer habt ihr genau im richtigen Moment die Worte gefunden, die ich gebraucht und die mich bewegt haben.

Am ersten und an den weiteren Tagen haben wir viele Tiere auf ihren Weiden gesehen. Das wir im Grünen Rinder oder Schafe entdecken ist noch normal, aber das uns Kamele auf unserem Weg begleiten, war eher ungewöhnlich.

An der Erftbrücke vor Bergheim erwarten uns nicht nur unsere hilfreichen Geister, sondern uns wird auch noch ein anderes Schauspiel geboten. Das THW hält zusammen mit dem DRK eine Übung ab und baut eine Brücke über die Erft. Meine spitzen Ohren fangen Worte auf, die anscheinend mit einer anderen Brücke zu tun haben, über die wir noch müssen, aber ich verstehe nur Bahnhof und auf die Lösung werde ich noch ein paar Tage warten müssen.

Kaffeepause in Thor und dann geht es auf die letzte Etappe am ersten Tag.

Bevor wir die Kapelle erreichen, ereignen sich für mich noch 2 unvergessliche Momente. Eine große Pferdeherde gibt nur für uns eine Vorstellung. Alle zusammen im Pulk, egal ob groß oder Fohlen, begleitet uns über die gesamte Länge der Koppel im gestreckten Galopp. Es geht hin und her und keiner von uns kann sich diesem Schauspiel entziehen.

Die 2. Sache betrifft nur mich persönlich: Der HSV hat es wieder einmal geschafft dem Abstieg zu entgehen, ich weiß ganz genau wer sich jetzt freut und freue mich mit. Siehst Du Papa die Uhr läuft weiter.

Ankunft in Blatzheim. Hier muss sich leider Albert von uns verabschieden, da seine Frau daheim einen Unfall hatte und im Krankenhaus operiert werden muss. Gerade Albert, den ich bereits auf der letzten Vortour kennen lernen durfte und der mich schon damals sehr berührt hat. Uns allen tut es unendlich leid. Wir werden ihn im Herzen auf unserem weiteren Weg mitnehmen. Zum Glück wird Irene von Ihrem Mann gebracht, dieser bringt Albert heim.

Erster Tag geschafft. Abendessen mit Würstchen, Kartoffelsalat, Nudelsalat, Käse und Wurst. Ich habe bereits begriffen, auf einer Wallfahrt hungert keiner. Wir erhalten einen Zettel mit der Zimmereinteilung der kommenden Tage. Nur heute muss sich unsere Gruppe leider auf verschiedene Häuser und Orte aufteilen.



Jetzt war ich schon so stolz auf mich, dass ich einige Namen behalten habe und was ist nun? Die liebe Irmgard hat die Nachnamen notiert. Von den 6 Namen in unserem Zimmer kenne ich meinen und den von Lydia. Überraschung.

Zum Zustellbett, in dem ich nächtigen durfte, möchte ich nur sagen: “Die Kuhle hat mir Angst gemacht und ich dachte bei jedem Umdrehen ich gehe in ihr verloren.

Sonntag: 21.05.2017

Wecken um 03.00 Uhr eine Uhrzeit, der ich noch nie etwas abgewinnen konnte, aber der Mensch gewöhnt sich an alles, auch daran bereits um diese Zeit eine Scheibe Brot zu essen. Mein erster großer Besuch bei der Fußpflege. Ich habe bereits begriffen, die Füße sind das Wichtigste in diesen Tagen.

Aufbruch wieder um 05 00 Uhr mit strammen Schritt geht es los. Ich hätte im Vorfeld nie gedacht, wieviel Kraft es gibt zusammen das „Gegrüßet seist Du Maria“ zu beten, heute werde ich die Brudermeister Rolf und Heijo sogar darum bitten. Gut das ich das jetzt noch nicht weiß.

Irgendwann geht es einen nicht enden wollenden Weg zwischen Feldern entlang, aber leider kein angenehmer Boden sondern nur grober Schotter und Asphalt. Meine Füße brennen bereits nach wenigen Kilometern. Auch die Ausweichschuhe, die ich meinem Mann geklaut habe, bringen keine Erleichterung, sondern verschlimmern noch alles. Zwischendurch feuchtes Gras, super jetzt sind die Füße und Socken auch noch nass. Ich kann das Verschieben meiner Verbände quasi spüren. Ok einfach ignorieren.

Frühstück in Eggersheim. Oh Wunder, vorhin haben wir uns noch O-Saft und Eier gewünscht und genau das erwartet uns dann auch.

Heute müssen wir noch pünktlicher sein als sonst, da wir in Vettweis für 1 Station die Bahn benutzen werden. Juhu pünktlich geschafft. Hier wird mir wieder bewusst, dass man auch um diese Zeit teilweise im Halbtrauma pilgert. Bemerke erst in der Bahn, dass ich mein Shirt auf links trage. Na ja, egal. Interessiert hier niemanden.

Weiter geht es zum Zülpicher Kreuz. Gebet und danach noch Gedenken an Pastor Brans, der noch im vergangenen Jahr die Pilger besucht hat und eigentlich auch in diesem Jahr vorbei kommen wollte. In seinem Nachlass hat er der Bruderschaft Kreuze hinterlassen, von denen wir uns jeder eins aussuchen dürfen. Es wird bei mir einen Ehrenplatz erhalten.

Weiter geht es. Zu unserer Linken liegen irgendwann 2 Urrinder und sofort kommt die Frage auf: „Boh, wie viele Hamburger wären das wohl?“ Man könnte fast meinen, wir wären am Verhungern.

Zwischendurch: Pilgersprache für Anfänger:

Eineiern: Damit sind die ersten hundert Meter nach einer Rast gemeint, in denen die gesamte Gruppe so aussieht, als ob das Durchschnittsalter 100 beträgt und wir einfach nur unsere Rollatoren vergessen haben.

Gnubbeln: Während des Pilgerns wollen wir zusammen beten oder einem Text lauschen, also alle zusammen gehen. Das Kreuz und die Flanken langsam und alle anderen eng zusammen. Immer wieder eine Herausforderung dem Vordermann, falls vorhanden, nicht die Stöcke wegzutreten.

Pilgerparfum: Damit ist die fast immer, nach nicht ganz leckeren Inhalten riechende Salbe gemeint, mit der sich der müde Pilger die Beine einreibt, sehr gerne werden auch Franzbrandwein oder Pferdesalbe genommen.

Und nun das wichtigste Wort: Pilgerdemenz:

Gerade morgens immer wieder vorhanden, wenn man sich bemüht, seine Sachen zu packen und Gegenstände, die man gerade noch in der Hand hatte, auf wundersame Weise wieder verschwunden sind. Oder aber, wie sollte man es sonst erklären, dass in einer Lautstärke, die normalerweise Tote erwecken könnte, eine Schwester die andere ruft, obwohl sie nur 50 Zentimeter Abstand haben. Uschi an deiner Stelle würde ich einmal an eine Brille denken.

Randaliert wurde auch noch. Unsere Fuß- gute-Seele Uschi , die immer Teilstücke mitgeht, hatte wohl die Haltbarkeit des Pferdegatters falsch eingeschätzt. Um einen besseren Blick beim Fotografieren zu haben, wollte sie die unterste Sprosse als Leiter benutzen und es passierte was passieren musste. Krach und schon war die Latte kaputt. Aber keine Sorge, ich habe noch nie ein Pferd gesehen, welches in die Knie gegangen ist, um auszubrechen. Die Lacher waren auf Uschis Seite und unsere Schritte ganz unbewusst die nächsten Minuten schneller.

Nächstes Ziel die Stehle. Vorher geht es durch die Hölle, wobei ich meine persönliche Hölle erst auf der letzten Teilstrecke dieses Tages erleben werde.

Ich habe relativ schnell für mich festgestellt, dass es mir bergauf besser gefällt, als flache, lange Strecken zu laufen. So hat halt jeder seine Lieblingsqual.

Oben angekommen treffen wir wie bei vielen Pausen auch unsere Radpilger und unsere Irmgard holt eine verheißungsvolle Dose mit Nussecken hervor. Wirklich sehr delikat, allerdings wäre es nett gewesen, wenn man mir im Vorfeld gesagt hätte, dass es gleich zum Fotoshooting kommt, denn die Nussecken wurden wie üblich in Schoki getunkt, aber man kann ja auch mit geschlossenem Mund grinsen.

Nächster Halt die kleine Kirche von Eicks, in der wir einen wunderschönen Wortgottesdienst erleben.

Weiter zum Restaurant. Die schlimmste Befürchtung der Altpilger bewahrheitet sich. Es gibt wieder Würstchen mit Kartoffelsalat, allerdings nicht halb so schmackhaft wie am Abend zuvor. Persönliche Notiz an mich, nächstes Jahr Verzicht darauf, dafür lieber ein Stück Kuchen, der sah nämlich sehr lecker aus.

Bereits vor der Kirche wurden wir von lieben Menschen aus Kaarst willkommen geheißen. Auch die Tochter vom Brudermeister Heijo, Sanna, ist mit Familie angereist, die Jungs werden uns nach der Pause ein Teilstück begleiten.

Nach dem Mittag geht es erst einmal in die Freiluftklinik zu Uschi. Upps, das kann doch nicht wahr sein, wir haben noch Zeit bis zum Aufbruch. Ok, der Rasen sieht bequem aus und die Holzschranke eignet sich bestimmt dazu die Beine einmal hoch zu legen. Man sollte allerdings im Vorfeld darauf achten, dass man mit dem Popo so nah an der Schranke liegt, dass die Beine auch oben ankommen. Geschafft. Scheint bequem auszusehen. Innerhalb kürzester Zeit ist der Balken ausgebucht. Könnte hier Stunden liegen, aber schon schallt bereits der laute Ruf von Brudermeister Rolf: „Ehre sei dem Vater und dem Sohn...“ und so weiter. Brav setzen wir uns alle wieder in Bewegung.

Ein wunderschöner Weg durch den Wald erwartet uns. Bis zum Parkplatz im Mühlental wollen wir gehen und von dort eine Strecke mit dem Bus fahren. Parkplatz in Sicht, aber leider kein Bus weit und breit.

Der Anruf von Irmgard gibt uns die Lösung. Das Unternehmen, diese Pappnasen, haben uns für den kommenden Sonntag im Terminplan stehen. Also was tun sprach Zeus. Ganz im Gegensatz zu sonst, gewünschte Grüppchenbildung. Wer geht auch die letzte Strecke zu Fuß? Rechts. Kleinbus 1 voll. Kleinbus 2 voll. Super, das wir auch noch das Auto von Christoff haben, der sich freundlicherweise bereit erklärt, uns arme Pilger ein Stück zu transportieren. Der große Bus wird abgesagt.

Ach ja, dort auf dem Parkplatz wurde ich dazu verdonnert den Bericht zu schreiben. Das habt ihr nun davon.

Ok, weiter zum Geschehen. Los geht es von Nettersheim - Engelau bis zu unserem heutigen Tagesziel, der Jugendherberge in Blankenheim.

Diese Strecke verlang noch einmal alles von uns, die wir uns leichtfertig dazu endschieden haben diese Strecke auch noch zu gehen, ab.

Die Füße schmerzen unendlich, die Beine brennen und jeder Schritt wird zur Qual. Hier ist es auch, wo ich unsere Brudermeister bitte, noch einmal zum gemeinsamen Gebet anzustimmen und wirklich, es geht leichter.

Gleich sollten wir es geschafft haben. Oh nein, Schild im Wald, noch 4,9 Kilometer bis Blankenheim. Das kann nicht sein. Auch die Erklärung, dass das ja eine Angabe bis zu Ortsmitte sei, beruhigt nicht wirklich, denn wir schlafen in der Burg und jeder der in Geschichte aufgepasst hat weiß, dass Burgen auf dem Berg liegen. Also weiter Zähne zusammen beißen und weiter.

Endlich Ankunft juhu. Gepäck suchen und ab zum Zimmer. Gerade noch geschafft, oben angekommen. Doch kaum oben, wieder runter Bettwäsche und Handtuch holen.

Etagenbetten, den letzten beißen die Hunde. Lydia und ich schlafen oben. Obwohl das Essen in 10 Minuten starten soll, entscheiden wir uns erst einmal zu einer Dusche. Ok, Betten beziehen in luftiger Höhe ist kein Vergnügen, aber die größte Herausforderung sind die 50 Zentimeter, die die letzte Stufe vom Boden trennt. Sprung auf die geplagten Füße. Überlebt.

Ankunft im Speisesaal, den bereits einige von unseren Mitpilgern gedeckt haben. Jetzt ein Bier und die Welt ist wieder in Ordnung. Kein Problem wird gesagt, gibt es unten. Nein, ich will nicht mehr, aber der Durst siegt. Es braucht 3 Anläufe bis ich dann endlich, allerdings nur mit Hilfe, den rettenden Kühlschrank gefunden habe.

Essen sehr gut. Danach geht es in die Kellerbar. Doch mit der entspannten Stimmung ist es bald vorbei. Juliane kommt bestürzt herein und berichtet, dass Ihre Mutter Silke zusammengebrochen sei. Zum Glück haben wir Willi, unseren persönlichen Leibarzt, der leider zu häufig frequentiert werden musste, dabei. Für Silke ist die Pilgertour zu Ende, aber auch sie werden wir die letzten Tage im Herzen mitnehmen. Auch Waldtraut muss pausieren, mit einer bakteriellen Entzündung spaßt man nicht. Die Enttäuschung ist riesig groß.

Montag: 22.05.2017

Nächster Morgen, kurz Frühstück, längere Fußbehandlung und los.

Bergab mit Blick auf die Burg, hinter der gerade die Sonne aufgeht. Wunderschön. Danach, wie sollte es anders sein, natürlich wieder hoch.

Erste Pause des Tages am Nonnenbach bei den 3 Birken. Klaus hat eine wunderschöne Meditation über den Regenbogen heraus gesucht und alle erhalten wir von ihm, ein kleines Stück als Symbol. Es wird sofort mit unserer Namensklammer an der Kleidung befestigt.

Hier noch einmal der besondere Dank an Andrea, die mir unzählige Male die Klammer wieder zusammengebaut hat und an Heribert, dessen Adlerblick sie immer gefunden hat, wenn ich sie wieder einmal verloren habe.

Auch Lydia hat etwas für uns. Jeder erhält einen Sorgenstein, diesen werden wir dann am Bruderschaftskreuz niederlegen.

Frühstück in Feusdorf. Premiere für die neuen Betreiber des Bürgerhauses. Diese haben extra für uns geöffnet und bewirten uns mit einem sehr liebevoll gestalteten Frühstück. Zur Abwechslung werden wir einmal fotografiert.

Gebet am Pilgerstein. Weiter auf einem schönen aber leider auch sehr unebenen Weg. Irmgard, die das Kreuz trägt, stürzt. Gott sei Dank, bis auf die Schmerzen durch die Brennnesseln, ist nichts Schlimmeres passiert.

Nun löst sich auch bald das Rätsel der Brücke auf. Langsam verstehe ich, warum das THW aufgefordert wurde, sich um unsere Brücke zu kümmern. Nun kommt sie, die Brücke ohne Boden. Aber einen echten Pilger kann nichts aufhalten. Selbst eine Brücke, die nur noch aus Geländer und Stützpfeilern existiert kann uns nicht aufhalten. Langsam, immer Einer nach dem Anderen, schaffen wir auch dieses Hindernis.

Langsam fangen die Altpilger an, uns Neue auf die so wichtige Pilgertaufe anzusprechen. Hätte mir nie vorstellen können, dass mein nicht vorhandener Bikini einmal Gesprächsstoff liefern wird. Keine Sorge ihr zukünftigen Neupilger, direkt vor unserem Mittagslokal in Hillesheim, gibt es einen KIK.

Im Lokal „der Teller“ erwartet uns nicht nur eine leckeres Essen, sondern auch wieder Besuch aus der Heimat. Verzeiht mir, wenn ich nicht die Namen aufzähle, aber ich möchte keinen vergessen. Nur Elfi möchte ich an dieser Stelle erwähnen, da sie uns auch noch die nächsten Tage begleiten wird.

Kurze Fahrt mit den Bussen durch das Industriegebiet. Ab Gerolstein geht es wieder zu Fuß weiter. Ich habe mir heute Nachmittag vorgenommen das Kreuz zu tragen und auch ich stürze, da man beim besten Willen das grasbedeckte Loch im Boden nicht sehen konnte.

Kurze Pause bei Büscheich und dann wird es ernst. Zur Pilgertaufe möchte ich nur kurz die Wahl eines Taufpaten erwähnen. Astrid, ich bin glücklich und dankbar, dass es Dich gibt.

Auf der Wiese vor Salm erwartet uns eine liebevoll gestaltete Kaffeepause mit selbstgebackenem Mandelkranz. DANKE an unsere Kaarster Driescher.

Wieder Aufteilung in die Busse und los geht es zum Sportplatz nach Salm. P.S.: Dort gibt es leider keine Örtlichkeit, aber sehr nette Hausbesitzer mit Marmorbad.

In Deudesfeld findet unser nächster Wortgottesdienst statt, auch hier werden wieder die richtigen Worte gefunden und besonders schön finde ich es, dass auch „ Einheimische“ mit uns in die Kirche gekommen sind.

Man scheint direkt auf uns gewartet zu haben. Das Gloria als Kanon klappt auch immer besser.

Ankunft im Hotel „Zur Post“. Ich kann es gar nicht glauben. 2 Bett Zimmer und genug Zeit zu duschen vor dem Essen. Astrid und ich einigen uns schnell auf die gewünschte Bettseite.

Deftig und viel fasst es wohl am besten zusammen.

Nach dem Essen werden die Jubilare geehrt und besungen. Uschi, Elfi und Hajo zusammen 70 Pilgertouren, unvorstellbar.

Lydia und die Nonnen Kerstin, Odilia, Andrea, Silke und Irmgard, haben die Lacher auf Ihrer Seite.

Ein wirklich lustiger Abend, ich höre die Lachsalven selbst noch im Bett.

Dienstag: 23.05.2017

Schreck bereits in den frühen Morgenstunden. Uschi geht es richtig schlecht. Alle, die auch unter Migräne leiden, wissen was sie durchmacht. Sie tut mir unendlich leid.

Letzter Pilgertag. Heute werden wir in Trier ankommen. Ich habe gemischte Gefühle.

Bei unserer ersten Rast wird erst einmal ein Ständchen gesungen. Irmi hat Geburtstag und muss dann ganz viele Umarmungen über sich ergehen lassen.

Ankunft in der Frohnertkapelle. Kurzfristig haben wir dort einen Zelebranten für die Messe bekommen. Leider auch hier wieder „ Namensverlust“.

Nach dem Eröffnungslied, erhalten wir einen sehr ausführlichen Bericht über die Kapelle und über die vorhandenen Kunstwerke. Ich glaube es gab niemanden, der nicht auf die Uhr geschaut hat, denn wie bereits erwähnt, die Einhaltung des Zeitplans ist Alles. Aber auch hier ist der liebe Gott auf unserer Seite und die Katechese wird gestrichen. Wir liegen wieder im Soll.

Frühstück in Oberkail, die vielen Marmeladenschälchen wechseln unendlich schnell die Besitzer, jeder möchte die einzelnen selbstgemachten Sorten probieren, denn wo sonst bekommt man Tomaten-Pflaume vorgesetzt.

Frisch gestärkt geht es weiter.

Bald erreichen wir die ersten Ausläufer des Fliegerhorst Spangdahlen, bis dato alles unspektakulär.

Aber dann hören wir Triebwerke und nachdem erst eine Transportmaschine in die Luft gegangen ist, steigen auch etliche Jagdflieger auf. Das Dröhnen ist ohrenbetäubend und viele von uns sind fasziniert von diesen kleinen Fliegern, die Ihre Kreise ziehen. Lieber Klaus, entschuldige noch einmal, dass Irene und ich dich als linke und rechte Flanke fast zerquetscht haben, aber es ist wirklich schwierig, gerade zu gehen, wenn man den Kopf im Nacken hat, um ja keine Runde zu verpassen.

Ankunft in Binsfeld. Hier erwartet uns ein spektakuläres Aldi Buffet, welches uns von unseren hilfreichen Geistern zubereitet wurde. Bevor es allerdings ans Essen geht, bekommt unsere Irmi einen wunderschönen Blumenkranz ins Haar gedrückt und wir singen für sie ein weiteres Geburtstagslied.

Wieder Aufbruch. Jetzt ist es nicht mehr weit. Vor unserer Ankunft in Trier muss bei uns Neupilgern noch der Teufel ausgetrieben werden. Auch hier schweige ich ausnahmsweise. Nur so viel, jeder von uns wird mit einem Text, Gedicht, Lied oder aber auch einem Rap vorgestellt. Ungeahnte Talente kommen hier zu Tage. Phantastisch.

Nach dieser höchst künstlerischen Vorstellung geht es mit dem Bus auf die letzte Teilstrecke nach Trier. Kaum fährt der Bus, schließen sich innerhalb von Sekunden die meisten Augen. Andrea und ich müssen uns stark zusammenreißen, um nicht in lautes Lachen auszubrechen, da wir den Fehler begangen haben, den Texten auf SWR4 zu lauschen.

Ankunft in Trier. Wir werden am Ufer der Mosel raus gelassen, um die letzten Meter zur Basilika St. Matthias zu Fuß zu gehen.

Meine Gefühle auf diesem letzten Weg sind sehr schwer zu erklären. Ich bin traurig, dass unser Weg hier endet, aber auch glücklich und stolz, dass ich es geschafft habe.

Die Pilger aus Mönchengladbach-Holt haben sich eingereiht und zusammen kommen wir auf dem Vorhof der Basilika an. Dort werden wir nicht nur vom Pilger Pater begrüßt, sondern auch von vielen aus Holt angereisten Freunde. Die Glocken beginnen zu läuten und unsere Gruppe zieht feierlich ein. Nicht nur bei uns Neupilgern fließen die Tränen, aber wir lassen alle den Emotionen freien Lauf.

Nach einer sehr kurzweiligen Rede werden die 8 Neuen nach vorne in den Altarraum gerufen. Wie selbstverständlich geben wir uns einander die Hand und bilden eine Kette. Nun ist der große Moment da und wir bekommen die Pilgermedaille um gehangen. Jetzt gehören wir unwiderruflich zum Kreis der Trier Pilger. Auch unsere Jubilare werden vorne geehrt, sie haben ist noch mehr als wir verdient.

Draußen vor der Kirche beginnt das allgemeine Umarmen und Beglückwünschen, dass wir den Weg zusammen geschafft haben. Und meine Betonung liegt auf zusammen.

Im Hotel Deutscher Hof angekommen, haben wir Zeit zum Erfrischen, bevor wir uns zum letzten gemeinsamen Abendessen treffen.

Es sind noch weitere Pilgergruppen im Hotel, die man schon aus der Ferne an Ihren Pilgergang erkennt.

Das Abendessen ist sehr gut, aber noch besser ist das anschließende Unterhaltungsprogramm. Hier noch einmal herzlichen Dank an die Schauspieler und Komödianten.

Mittwoch. 24.05.2017

Spätes Frühstück im Hotel, bevor es wieder zurück zur Basilika geht, um dort gemeinsam mit dem Abt, die Heilige Messe zu feiern.

Ich habe die Ehre unsere Pilgerkerze hineintragen und anzünden zu dürfen, und wieder fließen die Tränen.

Im Anschluss haben wir Zeit, Trier unsicher zu machen. Man sollte eigentlich glauben, dass wir nach den letzten Tagen genug von einander haben, aber nein, zum Schluss sitzen wir wieder als große Gruppe mit zig Tischen zusammengeschoben im Sonnenschein. Das sagt glaube ich sehr viel aus.

Busfahrt nach Vorst.

Kurz vor der Kirche verlassen wir den Bus, um so wieder anzukommen, wie wir gestartet sind. Zu Fuß. Freunde und Angehörige erwarten uns und klatschen Beifall.

Letzter gemeinsamer Einzug in die Kirche. Wir stellen uns im großen Kreis um den Altar und dann ist bald der Moment des Abschieds gekommen.

Die Umarmungen und Worte sind herzlich und es fließen wieder Tränen.

Das Glück wieder daheim zu sein und die Trauer, dass dieses unvergessliche Erlebnis zu Ende ist, halten sich die Waage.

Fazit:

Man kann Pilgern nicht beschreiben, man muss es erleben. Ich danke hiermit jedem Einzelnen unserer Gruppe, dass ich diesen Weg mit Euch gehen durfte. Ich werde diese Tage nie vergessen und freue mich schon jetzt, auf viele weiter Pilgertouren mit Euch.



Mai 2017

Marion Federau-Naber, Neupilgerin